Freitag, 22. Januar 2016

Merkmale Der Auslegungspredigt

Die Aufgabe des Predigers ist den Text sprechen zu lassen, worüber er predigt. Predigt man, so hat man einen Text auszulegen, so dass die Zuhörer die Botschaft dieser Stelle im Kopf und Herzen verinnerlichen. Diese Art zu predigen nennt man Auslegungspredigt, und sie bringt einige Konsequenzen mit sich: 

1. Man will die Stimme der Bibelstelle hören. 
Predige ich über Matthäus 7:13-27 dann will ich Matthäus 7 hören. Andere Verse zum Thema Gericht könnte ich eventuell anziehen, aber dies will ich sparsam tun. In erster Linie geht es zu vermitteln, was Jesus in dieser Bibelstelle sagt. Bringe ich 1 Joh 4: 8 oder andere Versen in die Predigt ein, so höre ich die Botschaft von Matt 7: 13-27 mit weniger Klarheit.

2. Man will der Melodie der Bibelstelle folgen.
Ich will in der Predigt versuchen zu zeigen, wie der Text aufgebaut ist. Wie passt Jesu Rede von zwei Wege, zwei Bäume und zwei Häusern zusammen? Was verbindet sie und wie hilft das uns, die Bibelstelle ingesamt zu verstehen und beherzigen? 

3. Man will den Charakter der Bibelstelle fühlen.
Matthäus 11:28-30 ist eine Bibelstelle voller Barmherzigkeit und einladende Gnade. Die Betonung liegt auf Jesu Sanftmut. Meine Predigt darüber soll eben so rüberkommen. Sanftmütig, einladend, beruhigend. Predige ich über Matt 7:13-27 allerdings, muss mein Schwerpunkt bei Gottes Gericht und Jesu Exklusivität liegen, denn das ist der Charakter des Textes. Diese Predigt darf also härter klingen, denn Jesus spricht harte Worte hier. Darüber hinaus, was für eine Literaturform habe ich vor mir liegen. Die Psalmen sind Poesie und eine Predigt darüber soll das widerspiegeln. Sprüche soll man nicht wie Paulus predigen, die Offenbarung nicht wie 2 Mose. 

4. Man will den Platz der Bibelstelle in dem Bibelbuch verstehen. 
Die Bibel ist keine Sammlung von Glückskekse. Wie passt Matthäus 7:13-27 zur Botschaft des ganzen Buches. Wieso steht diese Bibelstelle genau da in dem Buch? 

5. Man will die Kraft der Bibelstelle fühlen.
Jede Bibelstelle hat Überraschungen für uns darin. Sie sollen uns auch überraschen. Trost soll uns trösten. Gerichtswörter sollen uns erschüttern. Gott spricht zu uns in seinem Wort und seine Wörter sollen mit der ganzen Energie und Kraft des Geistes landen. Die Bibel soll uns wie einen (guten und erbaulichen!) Schlag treffen. Predigten ohne einen "Schlag" haben den Schlag des Textes wohl verpasst. 

(Diese Konsequenzen sind nicht sofort selbstverständlich für unsere Zuhörer, und brauchen auch gelegentlich ihre Rechtfertigung/Erklärung, so dass unsere Zuhörer auch nachvollziehen können, wieso wir so predigen.)

2 Kommentare:

  1. Sehr feinfühlig ausgedrückt! Hast du eigentlich eigene Predigten online?

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  2. @Ben, Ja, aber leider bist jetzt nur auf Englisch. https://www.leipzig-english-church.de/recordings?yearfilter=2015 Auch bei 2016 sind einige.
    Auf diesem Blog unter dem Link "Predigten" sind auch welche, aber einige sind ziemlich alt und obwohl ich noch zum theologischen Inhalt stehe (!), würde ich die Texte heute hoffentlich besser predigen ...

    LG

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